Forschung

Was heißt es sich ethisch zu orientieren – als individuelle Person und als (politische) Gemeinschaft?  Was heißt es Individuen und Gruppen ethisch aufzuklären, zu beraten, zu kritisieren? Welche Rolle spielt dabei normative Richtigkeit – falls es so etwas geben sollte? Und was ist gegebenenfalls überhaupt normative Richtigkeit? Wie historisch sind diese Fragen und wie historisch ihre Beantwortung?

Diese grundlegenden Probleme der praktischen Philosophie weisen sicherlich allgemeine sowie historische-kontextuelle Dimensionen auf. Um die allgemeinen Aspekte aufzuklären greifen wir auf den Stand der wissenschaftlichen Forschung zurück, sodass die biologischen, psychologischen und gesellschaftsdynamischen Mechanismen, die bei der ethischen (Selbst)Orientierung eine Rolle spielen, explizit in die philosophischen Überlegungen einbezogen werden können. Auch führen wir begriffliche und normative Analysen durch, um die eingesetzten Konzepte, Werte und Prinzipien explizit zu machen und zu reflektieren. Auch um die historisch-kontextuellen Aspekte der ethischen Orientierung zu bearbeiten, gilt es auf wissenschaftliche Ergebnisse zurückzugreifen und philosophische Methoden einzusetzen. Historisch-spezielle Eigenschaften, die Individuen und (politischen) Gemeinschaften zukommen, bestimmten, wie ethische Orientierung überhaupt aussehen kann – so jedenfalls die These. Etwa ein bestimmter Begriff von individueller Freiheit, der Personen zugeschrieben wird, oder ein Verständnis von Demokratie, durch das eine politischen Gemeinschaft beschrieben wird. Und unsere Zeit ist geprägt durch eine tiefe Verunsicherung neuer Art - auf ganz verschiedenen Ebenen: etwa sozial und kulturell durch technische Neuerungen sowie die radikale Infragestellung kosmopolitischer Werte und Identitätsbildungsprozessen oder politisch durch die Krise oder gar Regression der Demokratie. Ein herausragendes Merkmal dieser Verunsicherung ist die Pluralisierung – bis hin zur Polarisierung – grundlegender normativer Überzeugungen.

Beiden Aspekten – den allgemeinen, und den historisch-kontextuellen, sowie insbesondere auch ihrer Verknüpfung, widmet sich die Arbeitsgruppe praktische Philosophie. Ein Fokus liegt darauf, mit der Weiterentwicklung der ethischen Theoriebildung auf die Herausforderungen der Gegenwart zu antworten, speziell auf den normativen Pluralismus und gegebenenfalls die normative Polarisierung.

Einen Schwerpunkt bilden dabei die Analyse, Kritik und Weiterentwicklung der Angewandten Ethik, so wie sie sich als Subdisziplin der Philosophie seit einigen Jahrzehnten etabliert hat. Es werden methodische und normative Grundlagen von Technik-, Klima-, Kriegs-, Bio- und Tierethik bearbeitet sowie auch spezifische Themen in diesen Bereichsethiken. Denn die klassischen Methoden der Angewandten Ethik sind stark konsensorientiert – wie können sie weiterentwickelt werden, um auf den Pluralismus zu reagieren?  

Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der methodischen und normativen Analyse zeitdiagnostischer Beschreibungen, wie sie in verschiedenen Geistes- und Sozialwissenschaften vorgenommen werden.

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